Die Frist, in der sich Metallbaubetriebe, die Stahlkonstruktionen für den bauaufsichtlichen Bereich fertigen und in Verkehr bringen, nach der harmonisierten Stahlbaunorm EN 1090 zertifizieren müssen, ist verlängert worden. Neuer Stichtag ist nun der 1. Juli 2014. Dies geht aus mehreren Informationsschreiben der Fachverbände in Deutschland und Österreich hervor, die der HEPHAISTOS-Redaktion vorliegen. Wie die Verbände betonen, kann von "Entwarnung" nach wie vor nicht die Rede sein - schon gar nicht für Metallgestalter und/oder andere Klein- und Kleinstbetriebe im Metallhandwerk.

Die Metallgewerbeverbände Nord und Mecklenburg-Vorpommern schreiben in einem "Sonderrundschreiben" vom 31. Januar 2012 "An die Betriebe des Metallbauer-Handwerks in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern" sowie die "Innungsgeschäftsstellen z.K." per E-Mail unter dem Betreff „DIN EN 1090-1 Verlängerung der Koexistenzperiode“ Folgendes:

„Sehr geehrte Damen und Herren, auf der Sitzung des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen in Europa am 23./24.01.2012 ist die Verlängerung der Koexistenzperiode der DIN EN 1090-1 um 24 Monate beschlossen worden. Neuer Stichtag ist nun der 01.07.2014.

Der Einsatz des Bundesverbandes Metall für die Verlängerung der Koexistenzperiode beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und beim Deutschen Institut für Bautechnik, aber auch auf europäischer Ebene über EMU und NORMAPME, hat also den gewünschten Erfolg gebracht."

Damit tritt eine gewisse Entspannung ein und es gibt Ihnen die Möglichkeit, Ihren Betrieb in Ruhe auf die kommenden Veränderungen vorzubereiten. Zu lange abzuwarten wäre jetzt aber falsch. Denn die Verlängerung bedeutet nicht „Entwarnung“. An der großen Anzahl von Metall- und Stahlbaubetrieben, die ihre Werkseigene Produktionskontrolle zertifizieren lassen müssen, ändert das nichts.

Auch der Informationsbedarf zur Umsetzung der Norm, zum Aufwand, zur Erstellung des Handbuches, zu den Kosten und zum Inhaalt der Normenreihe (CE-Kennzeichnung, Schweißen, Schraubverbindungen, Korrosionsschutz, Toleranzen usw.) ist weiterhin groß. Das Thema sollte deshalb von allen Metall- und Stahlbauern in naher Zukunft angegangen werden." Zitat Ende.

Es zeichnen "mit freundlichen Grüßen Olaf Wagner (Landesinnungsmeister Nord), Enno de Vries (Hauptgeschäftsführer), Uwe Stieblich (Landesinnungsmeister MV)".

Gleichlautendes, aber mehr Information gibt es in Österreich!

Zum gleichen Thema versandte die Landesinnung Metalltechnik in der Wirtschafskammer Tirol "an alle Mitglieder der Innung der Metalltechniker" am 1. Februar eine "Aktuelle Information der Landesinnung zur EN 1090" mit dem Betreff: "EN 1090 Koexistenzperiode um 24 Monate verlängert". In Österreich wird über die Auswirkungen und Anforderungen schon mehr ins Detail gegangen. In dem Schreiben heißt es wörtlich:

"Die Bundesinnung hat es mit Unterstützung des europäischen Verbandes EMU und des deutschen Metallverbandes erreicht: die Frist, in der neben der EN 1090 nationale Normen wie die ÖNORM M 7812-1 verwendet werden können, wurde nun bis 30.6.2014 verlängert, um den Betrieben auch ausreichend Zeit für die Zertifizierung zur Verfügung zu stellen.

Dies bedeutet allerdings keine Aufhebung der EN 1090, sie gilt auch jetzt schon und es ist dem Auftraggeber unbenommen, eine Ausführung nach EN 1090 zu verlangen. Lediglich die Zertifizierung der werkseigenen Produktionskontrolle durch eine akkreditierte und notifizierte Stelle und die CE-Kennzeichnung sind nun erst ab 1.7.2014 gesetzlich vorgeschrieben.

Es wird daher den Betrieben dringend empfohlen, die nötigen Schritte, beispielsweise die Ausbildung der Schweißaufsichtsperson für die jeweilige Ausführungsklasse (siehe unten) möglichst rasch in Angriff zu nehmen, da auch die Ausbildungsplätze beschränkt sind.

ON-Regel zu den Ausführungsklassen: für die Ausführungsklasse 1 reicht die Meisterprüfung.

Auf Initiative der Bundesinnung wurde zur Umsetzung der EN 1090 die ON-Regel 21090 erarbeitet. Diese ist ein Leitfaden für die Zuordnung der Bauteile, Tragwerke, Bauwerke zu den vier Ausführungsklassen im Stahl- und Verbundbau. Der Leitfaden ist einerseits eine Unterstützung für den Planer, andrerseits auch eine Hilfestellung für den Metalltechnikbetrieb, da sich die Ausführungsklasse unmittelbar auf die Anforderungen der Werkseigenen Produktionskontrolle auswirkt, die auch ohne Zertifikat zu erfüllen ist: je höher die Ausführungsklasse, desto höher die Anforderungen – auch an die Schweißaufsicht. Die niedrigste Ausführungsklasse – EXC 1 – ist bei Stahl auf Werkstoffe bis S275 bzw. S355 und bestimmte Blechdicken beschränkt und umfasst in erster Linie Ruhend beanspruchte Bauteile und Bauwerke, beispielsweise Geländer, kleine Brücken, Rauchfangkehrerstege, usw.

Die Ausführungsklassen EXC 3 und EXC 4 umfassen dann auch dynamisch und vorwiegend dynamisch beanspruchte Bauteile und Bauwerke, wie beispielsweise Eisenbahnbrücken. In die Ausführungsklasse EXC 2 fallen alle Bauteile und Bauwerke, die nicht von einer der drei bisher erwähnten Ausführungsklassen erfasst sind. Neben Klarstellungen zur EN 1090, liefert die ON-Regel vor allem eine detaillierte Zuordnung von Tragwerken und Bauwerken zu den Ausführungsklassen und eine Tabelle zur Aufschlüsselung der unterschiedlichen Überwachungsstufen. Ebenfalls enthalten ist eine Tabelle der Gleichwertigkeit während der Koexistenzperiode, d.h. welche Güteklasse nach ÖNORM M 7812-1 welcher Ausführungsklasse entspricht.
Die ON-Regel ist beim Austrian Standards Institute http://www.austrian-standards.at/
wie alle Normen - käuflich zu erwerben."

(Anmerkung der HEPHAISTOS-Redaktion: Die ON-Regel kostet in gedruckter Form 56,- Euro.)

Doch weiter mit dem Schreiben der Wirtschaftskammer Tirol: "Mit der Verlängerung der Übergangsfrist wird es besonders angesichts der immer noch geringen Zahl an akkreditierten Zertifizierungsstellen realistischer, die Anforderungen zeitgerecht zu erfüllen. Andererseits konnte mit der Verabschiedung der ON-Regel der Stellenwert der Meisterprüfung in unserem Handwerk unterstrichen werden."

In Tirol zeichnen unter dem Schreiben mit freundliche Grüßen "Ing. Hannes Grissemann, Landesinnungsmeister" und 2Ing. Mag. Markus Galloner, Innungsgeschäftsführer".

HEPHAISTOS wird weiter über die aktuelle Entwicklung rund um die EN 1090 berichten.