Ausgabe 3/4 2007


Der Bildhauer Jörg Plickat aus Bredenbek bei Kiel hat einer alten Kemenate in Braunschweig eine Fassade und ein Dach aus Corten-Stahl verpasst – versehen mit 20.000 Nägeln. Die Kemenate beherbergt seit der Restaurierung im vergangenen Jahr ein Kultur- und Begegnungszentrum. Kemenaten waren Steinbauten, die im Mittelalter als Fluchtorte bei Feuer oder Überfällen dienten, aber auch als Repräsentations-, Speicher- und Wohnbauten. Die aus dem 13. Jahrhundert stammende Jakob-Kemenate zählt zu den ältesten noch erhaltenen Bauwerken der Braunschweigs. Die beiden aneinander gefügten, spätromanischen bis frühgotischen Steinbauten in der Jakobstraße 3 waren beim großen Luftangriff im Zweiten Weltkrieg am 15. Oktober 1944 erheblich beschädigt worden, erhielten später ein Notdach und fanden lange Zeit wenig Beachtung. Im Jahr 2004 erwarben die Kaufleute Karin und Joachim Prüsse die Ruine in der Absicht, ein Zentrum für kulturelle und religiöse Arbeit einzurichten. Architekt Rainer Ottinger entwickelte das Projekt zusammen mit dem städtischen Denkmalschützer Udo Gebauer. Die künstlerische Bauformung wurde Bildhauer Jörg Plickat übertragen. Er kombinierte zwei gestalterische Elemente: die Corten-Stahl-Skulpturengruppe „Dialog“, die nun den Eingangsbereich umfängt, und das genagelte Corten-Stahl-Fassadensystem, mit dem er die mittelalterliche Schutztechnik aufnahm, mittels derer Stadt- oder Kirchentore mit Eisenplatten vernagelt wurden.