Ausgabe 7/8 2003

Als Schmiedeveranstaltung der gehobenen Klasse erwies sich die 2. Baltische Schmiedewoche im südfinnischen Mynämäki. Kaum einer der 150 Teilnehmer dürfte sein Kommen bereut haben. Die „Schmiedewoche der Baltischen See“ wird im stolzen Abstand von fünf Jahren vom Südwestfinnischen Institut für Kunst, Handwerk und Design unter Leitung von Olavi Osara und der Organisationschefin Kirsi Kinnunen veranstaltet. Trotz der Teilnehmergebühr von 250 Euro und der für die meisten sicherlich nicht billigen Anreise waren es wieder 150 Teilnehmer, auf die ein reichhaltiges Programm wartete.
Die neue Werkstatt der Schule, aber auch die alte Schmiede waren auf Hochglanz gebracht worden, beste Bedingungen auch für prominente Demonstratoren wie Paul und Heiner Zimmermann sowie Tabea Geiring aus Deutschland, Christoph Friedrich aus der Schweiz, Takayoshi Komine aus Japan, Rydzard Mazur aus Polen, Hans Wallner aus Österreich oder Peat Oberon und Phil Johnson aus Großbritannien. Die praktischen Referenten beschäftigten sich mit besonderen Materialien und demonstrierten den fantasievollen Umgang mit Halbzeugen.
Angesichts der Fülle des Programms waren aber auch erfahrene Schmiedetreffenbesucher hoffnungslos überfordert. In der schriftlich geäußerten Manöverkritik am Ende wurde denn auch vorgeschlagen, lieber einen Tag mehr anzuberaumen und die Teilnehmergebühr zu erhöhen als weiterhin Vorführungen und Vorträge parallel laufen zu lassen. Denn alles, was hier geboten war, war hörens- und sehenswert. Viele Referate beschäftigten sich mit der Suche nach der besten Form. Beeindruckend waren vor allem die Beiträge der schwedischen Steneby-Schule und des Nordic-Schmiedezentrums. Auch vom Schmiedeverband der estnischen Kunstakademie kamen ganz neue Impulse, und die Russen Vladimir Tjurjagin und Vladimir Markov zeigten in der alten Schmiede eindrucksvoll, was Schmiedepräzision bedeuteten kann.
Christoph Friedrich setzte sich kritisch mit der marketingtechnischen Seite der modernen Metallgestaltung auseinander, die mit der handwerklichen oft nicht Schritt halte. Eine ganze Reihe von Schmieden - wie Phil Johnson von der Ratho Byres-Forge, Risto Immonen aus Finnland, Takayoshi Komine oder Heiner Zimmermann - legte ihr eigenes Werk und ihre Arbeitsweise dar und bot tiefe Einblicke in Karrieren und Erfahrungen mit Kunden und Ausbildungsinstituten. Andreas Rimkus aus Springe konnte der internationalen Kollegenschaft eine Dokumentation über die Entstehung seines Generationenkunstwerks vorführen, den Urtyp seines zwölf Tonnen schweren Hammers, der einmal auf sieben Kontinenten stehen soll, und Alfred Bullermann referierte über musikalische Stilrichtungen und ihre Parallelen in der Metallgestaltung.
Auch die 2. Baltische Schmiedetreffen war eine Mischung aus geballter Fachinformation, moderner europäischer Kultur, finnischer Folklore und natürlich gelungenen Parties mit reichlich gutem Essen und Trinken. Das öffentliche Schauschmieden an der Kirche in Mynämäki zog die Menschenmengen an und die nördlichste der Europäischen Schmiedestädte bekannte sich erstmals ganz selbstbewusst zu diesem Titel.

Seiten 14 und 15