Ausgabe 5/6 2003

Beim Guss der neuen Glocken für die Dresdner Frauenkirche hat sich Anfang des Jahres ein Missklang eingeschlichen. Die Kunstgießerei Bachert im schwäbischen Bad Friedrichshall hatte den Auftrag, das alte Geläut, beim Bombenangriff auf die Stadt im Februar 1945 bis auf eine Glocke zerstört, durch ein neues zu ersetzen, das dann in diesem Jahr zu Pfingsten erstmals erklingen sollte. Dass die Zeit am Ende knapp wurde und die Gießer im Februar mit ihrer Arbeit noch einmal ganz von vorn beginnen mussten, hat mit einem Phänomen zu tun, das „unter Fachleuten zwar als theoretisch möglich erachtet, in der Praxis aber bisher noch nicht aufgetreten“ war. Mutmaßlich hatte die künstlerische Gestaltung bei sechs der sieben Glocken deren Geometrie dergestalt verändert, dass ein Teilton gleich zweimal auftrat. Ein Missklang, der ob des öffentlichen Interesses am Wiederaufbau der Frauenkirche kurzfristig auch seinen Nachhall in den Zeitungen fand, dessen „physikalische Entstehung“ Firmenchef Albert Bachert aber auch unter der internationalen Kollegenschaft bis ins Letzte keiner erklären konnte. Den Künstler Christoph Feuerstein, der mit seinen biblischen Reliefs den Wettbewerb der Stiftung Frauenkirche für die Gestaltung der Glocken gewonnen hatte, traf, wie ausdrücklich betont wurde, jedenfalls keine Schuld. Er machte sich schließlich daran, die Zier von hinten her auszudünnen, in enger Zusammenarbeit mit den Kunstgießern und unter Berücksichtigung ihrer neuen guss- und klangtechnischen Überlegungen. Mitte März schon konnte Dr. Rainer Thümmel vom Landeskirchenamt Sachsen die Glockenzier ein zweites Mal abnehmen. Und wenn da auch nach Angaben der Geschäftsführung der Stiftung Frauenkirche bezüglich der Kosten „noch keine Vereinbarung“ vorlag, standen die Anzeichen doch gut, dass das Werk bis zur Glockenweihe am 4. Mai ganz gelingen würde.

Seite 12