Ausgabe 5/6 2002

Eine Gedenkstätte auf dem Friedhof von Rosenheim ist Kindern gewidmet, die ums Leben kamen, bevor sie geboren wurden. Der Kunstschmied Walter Still hat eine Metall-Skulptur zum Beschauen, Befühlen und Begehen gestaltet. Sie soll als Zeichen der Trauer den Hinterblieben helfen, ihr Leid nicht zu verdrängen, sondern bewusst zu bewältigen.
Dort, wo totgeborene Kinder anonym bestattet werden, stehen zwei nach Osten bzw. Westen ausgerichtete, wellenförmig gebogene Metallflügel mit verschiedenen Oberflächen: Edelstahl symbolisiert Beständigkeit, Zukunft, aber auch Kälte und Abweisung, mit der Rostoberfläche des Stahls lassen sich Vergänglichkeit, aber auch Wärme und Harmonie assoziieren.
Aufgrund dieser Materialkombination ergab sich eine besondere technische Spezifikation: Das Isolieren von rostigem Eisen gegenüber VA an der Aufhängung des Edelstahl-Flügels erfolgte nicht auf mechanischem Wege, sondern chemisch durch Konservierungsflüssigkeit. Mit schriftlich festgehaltenen Überlegungen zum Gestaltungsvorgang und einem Modell hat Walter Still die Entscheidungsträger von seinem Entwurf überzeugt, der mit begreifbaren Sinnbildern Tod und Leben als zwei verschiedene Formen der Existenz schildert.

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